Moritz Rosenthal wurde am 13. August 1897 in Wimpfen am Neckar (heute Bad Wimpfen) geboren. Seine Eltern waren der jüdische Religionslehrer Jacob Rosenthal und Sarah Rosenthal, geborene Marx. Moritz hatte zwei Brüder: Arthur* und Ludwig Um 1920 ist der 23-jährige Moritz nach Kassel gekommen. Seine erste Wohnung in Kassel war in der Mönchebergstraße 41. Diese Adresse hatte damals das Landeskrankenhaus und hat heute das Klinikum Kassel. Ob er Patient oder Mitarbeiter war, ist ungeklärt. Ab 1922 war er in der Buttlarstraße 1 in Bettenhausen an der Losse gemeldet. Am 22.9.1922 hat Moritz mit Frieda Folger, *3.4.1897 die Ehe geschlossen. Ehefrau Frieda war laut Gedenkbuch evangelisch. Die Eheleute wohnten danach in der Orleanstraße (1924), der Hospitalstraße 1 (1926), Holländische Straße 95 (1926), Fiedlerstraße (1927), Quellhöfe (1928) und ab 1.9.1932 Vor der Schlagd 3. Die Adresse Hospitalstraße gehörte zum Landeskrankenhaus. Das führt wieder zu der ungeklärten Frage Patient oder Mitarbeiter. Im Kasseler Gedenkbuch wird Moritz als Kaufmann aufgeführt. In den Adressbüchern der Jahre 1925 bis 1935 findet sich kein Eintrag über ein Ladenlokal. In der Entschädigungsakte präzisieren die Angehörigen: Textilkaufmann. Im Entschädigungsantrag wird angegeben, dass er später zur Zwangsarbeit als Bauarbeiter verpflichtet war.
In 10 Jahren 7-mal umgezogen hängt vielleicht auch mit der Geburt der Kinder Margot am 18.5.1924 und Alfred am 16.2.1927 zusammen. Familienzuwachs erforderte mehr Wohnraum.
Im Zusammenhang mit dem Novemberpogromen 1938 war Moritz Rosenthal mehrere Wochen im KZ Buchenwald inhaftiert. Vom März bis Juni 1942 Inhaftierung im Arbeitserziehungslager Breitenau, anschließend Deportation ins KZ Sachsenhausen. Moritz Rosenthals Todesdatum ist vom Sonderstandesamt Arolsen auf den 5.1.1943 festgesetzt, Sterbeort das Vernichtungslager Auschwitz.
Frieda Rosenthal und die Kinder Margot und Alfred wohnten weiter am Altmarkt unweit der Fulda im 1. Stock des Hauses Vor der Schlagd 3. In 1943 wurden sie ausgebombt und zogen nach der Befreiung in 1945 nach Duisburg. Bemühungen, Nachkommen der Rosenthals zu finden, waren bislang erfolglos.
Ludwig Rosenthal ist am 8. Oktober 1894 wie Bruder Moritz in Wimpfen geboren. In 1925 ist er nach Kassel gekommen und hat sich zunächst für kurze Zeit bei Moritz in der Orleanstraße einquartiert. Danach in Wilhelmshöher Allee 21, Nahlstraße und Friedrichstraße 34. Im September 1933 ist Ludwig zu Moritz und Elly in das Haus Vor der Schlagd 3 gezogen. Am 19.7.1940 vermerkt die Meldekarte: Umzug in den Fasanenweg 2-4. Unter dieser Adresse findet man das Verwalterhaus des Jüdischen Friedhofes in Bettenhausen am Eichwald. In der rekonstruierten Meldekarte ist Kaufmann als Beruf eingetragen. Über Branche oder Geschäftsräume ist nichts bekannt. Mit dem Umzug in den Fasanenweg taucht Elly Rosenthal in Kassel als Ludwigs Ehefrau im Melderegister auf. Ludwig und Elly müssen die letzten Friedhofswärter / Totengräber des Jüdischen Friedhofes am Kasseler Eichwald gewesen sein.
Elly Rosenthal, geb Doctor wurde am 24.2.1904 in Bruchsal geboren. Hier ist um diese Zeit Max Doctor Bezirksrabbiner, ob er der Vater war, ist nicht zu klären. Ungeklärt ist auch, wann Ludwig und Elly geheiratet haben. Das Ehepaar hatte keine Kinder. Elly und Ludwig Rosenthal sind am 7. September 1942 von Kassel-Hauptbahnhof zusammen mit 1000 anderen Menschen in das KZ Theresienstadt deportiert worden. Danach war Kassel im Nazijargon judenfrei. Schließlich führte sie Ihr Leidensweg in das Vernichtungslager Auschwitz.
„Am 29.01.1943 verläßt der Transport Ct Da 107 mit 1000 jüdischen Männern, Frauen und Kindern (auf Veranlassung des SS-Reichssicherheitshauptamts zusammengestellt) das Ghetto Theresienstadt. Ziel ist das Konzentrationslager Auschwitz. Der Zug erreicht Auschwitz am 30.01.1943. Nach der Selektion werden 122 Männer sowie 95 Frauen in das Lager eingewiesen. Die übrigen 783 Menschen werden sofort in den Gaskammern getötet.“ (nach http://www.tenhumbergreinhard.de )
Im Staatsarchiv gibt es keine „Entschädigungsakte“.
Die Rosenthals sind nicht vergessen, denn nach einem Bericht in der HNA zu STOLPERSTEINEN hat sich Juliane Kramm aus Kassel, *1921 an den Verein gewandt mit der Frage „Was wisst Ihr über Max Rosenthal“. Sie habe 1936 – 1943 im Hause Vor der Schlagd 3 gewohnt. Jugendfreunde seien die etwa gleich alten Margot und Alfred Rosenthal gewesen. Eines Tages sei deren Vater verschwunden. Er sei Bauarbeiter gewesen. Der Bruder habe etwas mit dem jüdischen Friedhof zu tun gehabt.
Aus Max ist Moritz geworden. Juliane Kramm und Tochter sind Steinpaten für seinen Stein. Die Straße Vor der Schlagd und die anderen Gassen in diesem Stadtviertel gibt es nicht mehr, aber 3 Steine.
(Jochen Boczkowski)