Schillerstraße 7

 

 

JOSEF SPEIER

THERESE SPEIER geb. Nußbaum

HANNA SPEIER

BEATE RUTH SPEIER

 

Verlegung der Stolpersteine am 9. Juli 2019

 

Guxhagen im Schwalm-Eder-Kreis hat mit seinen heute 5 Ortsteilen über 5.200 Einwohner. Der Ort ist eng mit dem Kloster Breitenau verbunden. Das Kloster wurde 1113 (bis 1527) von Benediktinermönchen gegründet, in der Reformationszeit säkularisiert und hat seitdem verschiedenen Verwendungen gedient. In der Nazizeit war hier das KZ Breitenau untergebracht. Es ist heute Gedächtnisstätte. Guxhagen wurde erstmals 1352 urkundlich erwähnt, sein Siedlungsgebiet an der Fulda reicht bis in die Steinzeit zurück.

 

Juden in Guxhagen

 

1680 lebten 2 jüdische Familien dort. 1744 erhielten 4 jüdische Familien gegen Zahlung des (üblichen) Schutztributes Wohnrecht im Ort und durften Handel mit allen nicht durch Zünfte kontrollierten Waren treiben. Die ersten Geburtseinträge jüdischer Kinder reichen bis 1751 zurück (Foto). Im alten Betraum in der Sellestraße befand sich auch ein rituelles Bad (Mikwe). 1809 wurde ein eigener Friedhof errichtet und ab 1823 die Synagoge mit Judenschule und Lehrerwohnung in der Untergasse gebaut. Die Kinder wurden vom Kantor unterrichtet. Nach der politischen Emanzipation unter König Jérôme Anfang des 19. Jahrhunderts und in den 1840er Jahren durften Juden auch Handwerker werden und Besitzanteile an Wald und Wiesen der Gemeinde haben. Wenn auch die Familien nicht wohlhabend waren, die jüdische Gemeinde gedieh. Man nahm am 1. Weltkrieg teil. In der Progromnacht 1938 wurde die Synagoge von innen zerstört. Dann von der Gemeinde aufgekauft und renoviert, dient sie heute kulturellen Veranstaltungen. Die jüdische Gemeinde selbst war nach dem Tod zweier Überlebender in den 1970er Jahren erloschen.

 

Familie SPEIER aus Guxhagen, seit 1929 in Kassel

 

Die jüdischen Eheleute SPEIER hatten 2 Töchter. Gleich nach ihrer Eheschließung zogen sie 1929 von Guxhagen, Schulstraße 87 ½, nach Kassel. 1936 wurde ihr alteingesessenes Geschäft in Guxhagen aufgelöst.

Hanna
Hanna
Beate
Beate

Ihre beiden Töchter wurden bereits in Kassel geboren: Hanna am 4. Juli 1930 und ein Jahr später Beate Ruth am 14. August 1931.

Vater Jossef Speier
Vater Jossef Speier
Mutter Rosi Speier
Mutter Rosi Speier

Der Vater Josef SPEIER wurde am 6. September 1894 in Guxhagen geboren. Er war das drittälteste von 7 Kindern, von denen 2 im Kindesalter starben. Schon sein Vater, der Händler Baruch SPEIER wurde in Guxhagen geboren und starb dort 1936. Seine Mutter, Jettchen SPEIER, geb. Sommer, geboren 1866, war 11 Jahre jünger und stammte aus Heinebach. Aus der großen Familie SPEIER sollten nur zwei Kinder die Nazizeit überleben: Josefs Schwester Bertha Nussbaum, geb. SPEIER, Jahrgang 1902, wanderte nach Minnesota / USA aus und sein Bruder Adolf SPEIER, Jahrgang 1909, wanderte nach England aus. Sie stellten dann in den 1950er Jahren Antrag auf Wiedergutmachung. Im Kasseler Adressbuch wurde Josef SPEIER mal als Handelsmann, mal als Kaufmann bezeichnet. Er hatte in Guxhagen, Schulstraße 87 ½ einen gutgehenden Manufakturwarenladen geführt, der 1936 aufgelöst wurde, vielleicht nach dem Tod seines Vaters. Denn er selbst war frisch verheiratet im Juni 1929 nach Kassel in die Weigelstr. 3 gezogen. Das Ehepaar lebte dann ab Oktober 1929 in der Wörthstraße 28 (heute Hoffmann-von-Fallersleben-Straße).

 

Die Mutter Therese (Rosi) SPEIER, geb. Nußbaum wurde am 9. November 1899 in Fulda geboren. Auch sie stammte aus einer Kaufmannsfamilie. Ihre Eltern waren Abraham und Hannchen Nußbaum geb. Schiff. In Fulda existierte ebenfalls eine Jüdische Gemeinde. Dort heirateten Josef und Therese Speier am 27. Mai 1929 und zogen danach nach Kassel. Ab 1. April 1935 war die Familie ohne nähere Angaben als „auf Reisen“ im Hausstandsbuch notiert. Später wohnten sie in der Hohentorstr. 6, dann in der Schillerstr. 7, ehe sie für die letzten elf Monate in die Fliegengasse 9 ziehen mussten. Von dort aus wurden Eltern und Kinder mit dem ersten Transport am 9. Dezember 1941 nach Riga deportiert und gelten als verschollen.

Aus den Wiedergutmachungsakten in Wiesbaden ging hervor, dass zwar „keine Devisen- oder Verwertungsakten für Josef SPEIER vorhanden sind, lediglich Unterlagen des Landesleihhauses Kassel über Edelmetallgegenstände des Genannten.“ Eine gerichtliche Todeserklärung liegt nicht vor.

 

Quellen: „Namen und Schicksale der Juden Kassels 1933 – 1945“; bearbeitet von B. Kleinert und W. Prinz, Kassel 1986, Hrsg. Magistrat der Stadt Kassel Stadtarchiv Kassel: Adress- und Hausstandsbücher A 3.32 287 Hessisches Haupt- und Staatsarchiv Wiesbaden: HHStaA Abt. 518 Nr. 39871 Home Page Gemeinde Guxhagen und Kulturverein „Ehemalige Synagoge Guxhagen e.V.

 

Gudrun Schmidt im Mai 2019

 

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