Neben den vielen Gedichten Ernst Reuses, die sich mit der nordhessischen Heimat und der Geschichte von Kirchditmold und Kassel beschäftigen, hat er auch eine Reihe von Gedichten geschaffen, die seine politische Haltung zum Natinalsozialismus dokumentieren. Seine Frau hat aus Angst um sein Leben sorgsam darüber gewacht, dass sie zur damaligen Zeit nicht an die Öffentlichkeit kamen. Bei der Vorbereitung einer Lesung aus Reuses Werken (zum 1100-jährigen Geburtstag der Stadt Kassel) hat seine Frau Gisela Reuse-Drawert das private "Archiv" im Keller geöffnet und Helge Tismer hat u.a. eine Kladde mit 160 meist in in Süterlin geschriebenen Gedichten gefunden.
Schweigen
Das ist die rechte Freiheit nicht,
Die man dem Volk versprochen,
Wenn jedes Wort man wägt und wiegt,
Ob nicht `ne Silbe drinnen liegt.
Die nach Kritik gerochen.
Das ist die rechte Freiheit nicht.
Die man dem Volk wollt´ zeigen;
Wenn`s gleich man mit dem Kadi kriegt,
Riskiert, dass man ins Zuuchthaus fliegt,
Dann heißt es eben: „Schweigen!“
Weihnachtswunsch
Ich wollt. Ich wär der Weihnachtsmann Und zög von Haus zu Haus. Träf ich den Adolf Hitler an, Würf ich ihn glatt hinaus.
Und all das andre Schelmenpack,
Das höb ich in die Höh
Und steckt´s in einen großen Sack,
Schrie´s dann auch Ach und Weh.
Ich bänd ihn oben feste zu Und ließ es nie mehr sehn. Dann könnten wir in aller Ruh Das Weihnachtsfest begehn.