Stolperstein für Gustav Stief
in Kassel,Waisenhausstraße 25 verlegt am 3. November 2013
geboren: 13.11.1924 - hingerichtet am 4.01.1945 in Halle/Saale
Gustav Stief stammte aus einer Kasseler Arbeiterfamilie, die in der Arbeiterbewegung politisch engagiert war. Sein Vater, der zunächst in der USPD und später in der KPD organisiert war, war stolz darauf, seine Kinder „auch während der Jahre der Hitler-Herrschaft dementsprechend weltanschaulich und politisch beeinflusst und erzogen“ zu haben.
Im November 1944 wurden die Eheleute Stief verhaftet und erfuhren in den Verhören bei der Kasseler Gestapo, dass ihr Sohn Gustav wegen staatsfeindlicher Aktivitäten und des Verdachts der Zusammenarbeit mit der illegalen KPD vor ein Kriegsgericht gestellt werden sollte. Der 20jährige Gustav Stief war, weil er an der Front einen Arm verloren hatte, einer Rüstungsinspektionsstelle in Süddeutschland zugeteilt worden. Als Soldat der Heeresabnahmestelle in der Maschinen-Fabrik Donauwörth suchte er den Kontakt zu illegalen Zirkeln unter den im Betrieb arbeitenden Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern.
Mitte November 1944 – Stief war gerade erst vier Wochen in der Donauwörther Fabrik - stellte er auf einer geliehenen Schreibmaschine Flugblätter her, in denen er die ausländischen Arbeiter aufforderte, durch offenen Widerstand den nahen Sturz des Regimes zu beschleunigen. Nach Zeugenaussagen lautete der Text etwa folgendermaßen:
„An alle Dolmetscher! Abschreiben und weitergeben! Die Nazi-Tyrannei geht nun bald zu Ende. Es ist Zeit, selbst etwas zu unternehmen. In der nächsten Zeit werden wahrscheinlich feindliche Flugzeuge Waffen abwerfen. Das wäre der Zeitpunkt zum Aufstand!“
Diese Flugblätter ließ er im Betrieb kursieren. Die offenkundig wenig abgesicherte Aktion wurde schnell durch Spitzel denunziert; Stief war bald von der betrieblichen Abwehrstelle identifiziert. Nur halbherzig versuchte die Wehrmacht, den Fall an sich zu ziehen, tätig wurde die Gestapo. Gegen ihn wurde umgehend ein Verfahren vor dem Reichskriegsgericht eingeleitet, das ihn wenige Wochen später zum Tode verurteilte.
Was seinen Kontaktleuten unter den ausländischen Arbeitern geschah, ist unbekannt; ihnen war nach der Praxis des Reichssicherheitshauptamtes die „Sonderbehandlung“, d.h. Ermordung durch ein Gestapo- oder SS-Kommando so gut wie sicher.
Gustav Stief wurde am 4.01.1945 in Halle/Saale hingerichtet.
(Zusammenfassung bzw. wörtliche Übernahme aus dem Buch „Ich habe die Metzelei satt und laufe über“ von Jörg Kammler, S.153,154 - Ulrich Restat)