Justus Krug

Friedrich-Ebert-Straße 43 (früher Hohenzollernstraße)

Im Juli 1935 meldete die Geheime Staatspolizei Kassel die Verhaftung von 20 Funktionären der illegalen KPD. Die Partei war nach dem Reichstagsbrand im Februar 1933 verboten worden und Tausende ihrer Mandatsträger und Funktionsträger im ganzen Reich in Haft genommen worden. Die jetzt Verhafteten hatten Kontakt zu der nach den ersten Verhaftungswellen im Untergrund wieder aufgebauten Bezirksleitung der KPD Kurhessen-Waldeck. Die Bezirksleitung traf sich bis zur Verhaftung im Laboratorium des Zahntechnikers Finkenstein in der Karthäuserstraße.

 

Der Tagesbericht der Stapo Kassel vom 23. Juli 1935 listet folgende Namen auf

 

Eduard Wilhelm Justus Krug Ernst Lohagen Paula Lohagen Heinrich Waldeck Traugott Eschke Günther Schmitz Walter Bönning Käthe Westhoff Heinrich Prior Walter Buda Kurt Finkenstein Erich Weinert Ilse Nesse Paul Jörg Karl Prior Anni Oheim Georg Pretz.

 

Zugleich wurden Schreibmaschinen und Abziehapparate beschlagnahmt. Mit dieser Aktion war es der Gestapo Kassel gelungen, große Teile des neu aufgebauten illegalen Apparates der KPD im Bezirk zu zerschlagen. Schon vorher waren vom Juni 1933 bis März 1934 im frühen Konzentrationslager des ehemaligen Klosters Breitenau nahezu 500 politische Gefangene inhaftiert. Für manche von ihnen dauerte die Haft einige Wochen oder Monate. Für einige war Breitenau der Beginn eines langen Leidensweges. Es war ein Lager, in dem politische Gegner gedemütigt, gequält und eingeschüchtert wurden. Durch hartes Arbeiten, Essensentzug, Schikanen und Misshandlungen sollten die Gefangenen dahin gebracht werden, sich nach der Entlassung aus dem Lager bedingungslos unterzuordnen. Ihnen sollte jegliche Kraft und jeglicher Mut genommen werden, sich weiterhin gegen das Nazi-Regime aufzulehnen.

 

In einer Verhaftungsstatistik ist dargestellt, dass in der Nazizeit 416 Kasseler Kommunistinnen und Kommunisten in Haft waren. Ihre durchschnittliche Haftdauer betrug 3,2 Jahre.

 

Justus Krug wurde am 25.Dezember 1887 im damals noch selbständigen Dorf Wahlershausen geboren. Seine Eltern waren Caspar und Katharina Krug. Im Jahr 1923 wird er zum ersten Mal mit eigener Wohnadresse in Wilhelmshöher Allee 45 gemeldet, Berufsangabe Mechaniker. Am 29.12. 1923 heiraten Bertha Aniolkowski und Justus Krug. Bertha Krug ist 1886 in Danzig, Westpreußen geboren. Die Ehe bleibt kinderlos.1930 findet ein Wohnungswechsel in die Hohenzollernstraße 43 statt. Im selben Haus befindet sich im Hinterhaus das Atelier des Fotografen Ebert.

Ende der 1920-er Jahre verliert Justus Krug bei einem Straßenbahnunfall ein Bein und in der Folge auch seine Arbeitsstelle. Danach wird er in den Akten als Invalide geführt. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er als Pächter eines Kiosks für Zeitungen, Getränke und Zigaretten am Hauptbahnhof. Wann er Mitglied der KPD geworden ist, ist unbekannt. Sein Kiosk wird von der illegalen Partei als Anlauf für Kuriere und Verteilstelle von Druckschriften genutzt. Nach der Verhaftung wird er im Polizeipräsidium Kassel, von der Gestapo verhört. Während der U-Haft ist er furchtbar misshandelt worden. Am 7. Oktober 1935 teilt der Polizeipräsident mit, dass der

 

„Invalide Justus Krug . . . . zu Kassel, Königstor 31 am fünften Oktober des Jahres tausend neunhundert fünfunddreißig nachmittags um vier Uhr tot aufgefunden worden sei . . . . “

 

Diese Formulierung stammt aus der im Staatsarchiv verwahrten Sterbeurkunde. In ihr ist noch vermerkt, dass der Verstorbene kurz vorher noch lebend gesehen worden sei. Sie ist ein Indiz dafür, dass er in einer Zelle des Polizeigefängnisses den Freitod gesucht hat. Bei Selbstmord ist oder war es üblich zu vermerken, wann der Verstorbene zuletzt gesehen worden ist. Es ist davon auszugehen, dass Justus Krug den Torturen der Gestapoverhöre auf diese Weise entgehen wollte.

 

Nach der Niederlage des Faschismus ist der Witwe Berta Krug nach einem fast 10 Jahre währenden Entschädigungsverfahren nach dem Bundesentschädigungsgesetz eine Kapitalentschädigung und eine monatliche Rente von 207 DM zuerkannt worden. „Der Verfolgte wurde aus politischen Gründen im Juli 1935 verhaftet . . . . Er ist durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen vorsätzlich oder leichtfertig getötet oder in den Tod getrieben worden“, heißt es im Bescheid des Regierungspräsidenten aus dem Jahr 1957.

 

Gemäß der Präambel des Bundesentschädigungsgesetzes hat sich Justus Krug um das Wohl des Deutschen Volkes verdient gemacht, weil er aus Überzeugung gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft Widerstand geleistet hat.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quellen:

 

Stadtarchiv Kassel,  A 3.32, HB 158

Adressbücher Kassel

Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Entschädigungsakte Krug 518, 7555.2

Jörg Kammler: in 40 Jahre Hess. Verfassung 1989 – Aufsatz Zwischen Widerstand, Verweigerung und Integration

Christine Fischer-Defoy: Arbeiterwiderstand in der Provinz 1933-1945 – 1982 VAS

Hessische Nachrichten vom 26.09.1945

 

Jochen Boczkowski, Mai 2018

Verlegung am 24. Mai 2018

 

 

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