Otto Friedrich wurde am 26.1.1897 in Kassel geboren. Er war seit 1922 mit Erna geborene Katzer verheiratet. Aus der Ehe ging ein Sohn hervor: Horst. Die Familie wohnte 1936 in der Quellhofstr. 20. Otto Friedrich arbeitete als Dreher.
Am Abend des 16.12.1936 beteiligte sich Otto an einer landesweiten Flugblattaktion, die sich gegen das NS-Regime richtete. Er wurde kurz darauf verhaftet, kam in Untersuchungshaft.
In dem Flugblatt mit der sog. Luzerner Resolution heitß es unter anderem:
"Das Gesetz Jehova Gottes ist das höchste Gesetz. Er ist erhaben über
allem, ... und so erklären ... wir, daß wir Gott mehr gehorchen wollen als den Menschen. ... Wir rufen alle gutgesinnten Menschen auf, davon Kenntnis zu nehmen, daß Jehovas Zeugen in Deutschland, Österreich und anderswo grausam verfolgt, mit Gefängnis bestraft, und auf teuflische Weise mißhandelt und manche von ihnen getötet werden. Alle diese verruchten Taten werden gegen sie von einer grausamen, heimtückischen und bösen Macht verübt."
Gegen ihn wurde Anklage wegen Vorbereitung zum Hochverrat erhoben. Anfang 1937 wurde er in das Zuchthaus Wehlheiden überstellt. Am 5. Mai wurde er vom Sondergericht des Landgerichts Kassel zum „Schutz von Volk und Vaterland“ zu 9 Monaten Gefängnis verurteilt. Der Gerichtsbeschluss stellte fest, dass Otto Friedrich seit 1933 – dem Jahr des Verbotes der Zeugen Jehovas – mit der Kasseler Gemeinde verbunden war, ohne ein getauftes Mitglied zu sein.
Seine Haftentlassung erfolgte am 5. Dezember 1937. Im Kommentar zur Entlassung wird vermerkt, dass Zweifel bestünden, ob er nach Strafverbüßung seine religiöse Einstellung ändern würde.
Dokumente zur Verhaftung und Haft von Otto Friedrich (HStA Marburg Bestand 251)
Bericht eines Wachmanns in Wehlheiden - Entlassung Otto Friedrichs im Dezember 1937 (HStA Marburg Bestand 251)
Am 7.12.37 wird Otto Friedrich neuerlich verhaftet. Am 10. März 1938 kommt er in das Konzentrationslager Sachsenhausen in den Häftlingsblock 18. Er erhält die Häftlingsnummer 1592. Am 4. Mai 1939 war seine Entlassung vorgesehen, zu der es aber nicht kam.
Es ist davon auszugehen, dass er – wie die überwiegende Mehrzahl der inhaftierten Zeugen Jehovas – es ablehnte, eine Erklärung zu unterschreiben, mit der er seiner Überzeugung „abgeschworen“ hätte. Friedrich musste unterschreiben, dass er "verschärften Haftmassnahmen" unterlag (siehe Dokument).
Er blieb in Sachsenhausen bis zum April 1945. Während dieser Zeit ließ er sich als Zeuge Jehovas taufen; das geschah in aller Regel heimlich in der Badewanne der Krankenstation. Ab dem 21. April 1945 wurde das KZ Sachsenhausen geräumt, es folgten der sogenannte Todesmarsch nach Schwerin, den Otto Friedrich überlebte, und die Befreiung.
Dokumente aus dem KZ Sachsenhausen - ITS Arolsen
Dokumente aus dem KZ Sachsenhausen - ITS Arolsen
Otto Friedrich setzte sich nach 8 Jahren und 6 Monaten Gesamthaftdauer weiterhin entschlossen und mutig für seine Überzeugung ein.
Im Jahre 1956 schloss er seine zweite Ehe mit Sophie. Die Ehe bleibt kinderlos. Er verstarb im Jahre 1976.
Quellen:
Hess Staatsarchiv Marburg Bestand 251 1407
ITS Bad Arolsen
Fotos: privat (W. Siegner)
Wilfried Siegner, Juni 2018
Verlegung am 14. Juni 2018
Biografien weiterer Zeugen Jehovas, für die in Kassel Steine verlegt sind, finden sie bei Hesse, Landschneider, Pötter und Schneider