Der 1904 in Zweigbrücken geborene Karl Schmidt kam als Jugendlicher in der Oberpfalz durch seinen Onkel mit den
Salesianern Don Boscos in Kontakt und trat dem Orden 1922 als Novize bei. 1926 band er sich durch ein Gelübde dauerhaft an ihn. Ich gleichen Jahr erwarb er das Abitur und studierte danach in
Turin, Wien und Benediktbeuren Theologie und Philosophie. Die Priesterweihe erfolgte 1932. 1938 berief ihn sein Orden in dessen Niederlassung in Kassel, wo die Salesianer seit 1934 mit der
Leitung der Gemeinde St. Kunigundis in Bettenhausen betraut waren. Seine priesterliche Tätigkeit dort beendete die Gestapo am 19. Oktober 1939 abrupt. Genauere Gründe seiner Verhaftung, der
offenbar eine Denunziation zugrunde lag, lassen sich aus den Quellen nicht erschließen. In ihrem Bericht bemühte die Gestapo das Stereotyp „staatsfeindliche“ und „defaitistische“ Äußerungen, das
keine Aussagen
über konkrete Handlungen zulässt.
Einer fünfmonatigen Polizeihaft in Kassel folgten vom März bis zum Dezember 1939 mehrere Monate „Schutzhaft“ im KZ Sachsenhausen, eine Zeit, die Karl Schmidt selbst als die traurigste in seinem
KZ-Leben bezeichnete. Sein mutiges Eintreten für die Lagergemeinschaft führte zur Strafe von 25 Stockhieben und der Einweisung in die Strafkompanie. Hier herrschten verschärfte Haftbedingungen,
die Häftlinge mussten besonders harte Fronarbeit leisten und waren sadistischen Flterungen ausgeliefert. Karl Schmidt überlebte diese extremen physischen und psychischen Belastungen.
Im Dezember 1940 kam er mit der Haftnummer 22705 in das KZ Dachau, wo Geistliche in mehreren Blocks konzentriert wurden – darunter auch Hunderte polnischer Priester, die am gleichen Tag wie Schmidt in Dachau inhaftiert wurden.
In Dachau arbeitete der Pater in einem Wirtschaftsbetrieb des KZ, einem Versuchsfeld, in dem Hunderte von Priestern arbeiteten. Seine Tätigkeit im Fotokommando nutzte er dazu, die Zustände im Lager zu dokumentieren. Darüber hinaus nutzte er nach Aussagen von Mithäftlingen seine Organisationsgeschick und seine technischen Kenntnisse, Häftlingen kleine Erleichterungen zu verschaffen. Zur Pflege Typhuskranker meldete er sich freiwillig, Sterbenden stand er seelsorgerisch bei.
Karl Schmidt nahm sein Schicksal als Wille Gottes an. Von der Amtskirche, die keinen grundsätzlichen Protest gegen das NS-Regime formulierte, und der katholischen Öffentlichkeit fühlte er sich aber weitgehend allein gelassen, vergessen und unverstanden. Er sah sich als „Kämpfer an der Front“, wie er in einem Brief schrieb, und konnte nicht verstehen, dass offensichtlich die Meinung vorherrschte, er und andere inhaftierte Priester hätten ihre Haft selbst leichtfertig mitverschuldet.
Unter denen im April 1945 zahlreichen Entlassenen war auch Karl Schmidt. Er erlangte am 10. April die Freiheit zurück. Für den ehemaligen KZ-Häftling, dem häufig Unverständnis entgegengebracht wurde, stellte sich die Rückkehr in den Orden jahrelang als problematisch und konfliktreich dar. Danach wirkte er von 1952 bis 1968 als Lehrer an Berufsschulen in München. Er starb dort am 13. Mai 1968.
Quellen: Johannes Wielgoß, P. Karl Schmidt SDB (1904-1968). Sechs Jahre priesterlicher Existenz in nationalsozialistischer Schutzhaft, in: Archiv für Mittelrheinische Kirchengeschichte (1996), S. 227-238
Auskünfte des Archivs der KZ-Gedenkstätte Dachau vom 4.6.2016
Wolfgang Matthäus, Februar 2016